Schulreife
Schulreife Seite drucken

Feststellung der Schulreife

RdErl. vom 12. Dezember 1985 (NBl. KM. Schl.-H. 1986 S. 2)


Gem 2 Abs. 2 der Grundschulordnung beurteilt der Schulleiter,
ob die schulpflichtig werdenden und die fr eine vorzeitige Aufnahme angemeldeten Kinder geistig, krperlich und seelisch gengend entwickelt sind, um mit Erfolg am Unterricht der Grundschule teilzunehmen.

1. Kieler Einschulungsverfahren
Aufgrund neuerer Erkenntnisse wurde ein Verfahren zur Feststellung der Schulreife entwickelt, das
- neben dem kognitiven auch den sozialen, emotionalen und motorischen Entwicklungsstand sowie die Arbeitsbereitschaft des Kindes erfat,

- den Anforderungen der Grundschulordnung entspricht, die zur Feststellung der Schulreife auch die Beobachtung des Lern- und Sozialverhaltens verlangt,

- dem Schulleiter und den Lehrkrften ermglicht, ihre Erfahrungen aus dem Unterricht mit Schulanfngern einzubringen,

-eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse sicherstellt; in der Vergangenheit hat sich eine zu groe Spannweite bei Zurckstellungen der Schulanfnger zwischen verschiedenen Grundschulen in einem Schuljahr ergeben.

Mit der Entwicklung eines solchen Einschulungsverfahrens beauftragte das Kultusministerium einige Schulpsychologen. Sie haben in Zusammenarbeit mit Schulleitern und Lehrkrften nach vierjhriger Erprobung und Weiterentwicklung an insgesamt 16 schleswig-holsteinischen Grundschulen jetzt ein Verfahren erarbeitet.
Es ist beim Beltz-Verlag (Weinheim) unter der Bezeichnung "Kieler Einschulungsverfahren" fr die Erstausstattung zum Preis von 74,- DM zu beziehen. Es umfat einen Ordner mit ausfhrlicher Anleitung, Beobachtungs- und Auswertungsbgen sowie Material fr die Durchfhrung (bei 30 Kindern). Das Verfahren gliedert sich in drei Teile:

1.1 Ein Leitfaden fr das Gesprch mit den Eltern, das im Beisein des Kindes oder allein mit den Eltern vom Schulleiter gefhrt wird.

1.2 Ein Unterrichtsspiel: Eine kleine Gruppe von Schulanfngern (maximal 6 Kinder) wird von einer Lehrkraft "unterrichtet" whrend eine zweite Lehrkraft das Lern- und Sozialverhalten der Kinder beobachtet. Der Unterricht ist so gestaltet, da die sozialen Fertigkeiten, die Ansprechbarkeit in der Gruppe, die Konzentrationsfhigkeit, die Arbeitsbereitschaft und der motorische Entwicklungsstand mit erfat und gleichzeitig auch die kognitiven Lernausgangslagen des einzelnen Kindes deutlich werden.
Vorgefertigte Beobachtungsbgen mit Bewertungshinweisen erhhen die Beobachtungsgenauigkeit und erleichtern den Lehrkrften die Beurteilung.

1.3 Eine Einzeluntersuchung: Sie sollte nur noch durchgefhrt werden, wenn nach dem Unterrichtsspiel die Entscheidung ber die Schulreife unklar ist.

In diesem Verfahren wird die Schulreife nicht - wie z. B. bei der
Vielzahl der lteren Schulreifetests - durch Addieren aller Punkte abgelesen. Vielmehr mu der Schulleiter - ggf. in Abstimmung mit den das Verfahren durchfhrenden Lehrkrften - aufgrund aller Beobachtungen und der in einer Gesamtauswertung bersichtlich dargestellten Strken und Schwchen des Kindes ber die Schulreife selbst entscheiden.

2. Empfehlung
Die bisherigen Erfahrungen an den Grundschulen haben gezeigt, da das Kieler Einschulungsverfahren eine Reihe von Vorteilen aufweist:

- Das Unterrichtsspiel in der ueren Form von Unterricht weckt bei den Kindern viel Freude und Interesse am knftigen Besuch dieser Schule und ist damit eine sehr gute Vorbereitung auf den Schulanfang.


- Das Beobachten der Kinder im Unterrichtsspiel trainiert die Lehrkrfte insbesondere in der Einzelbeobachtung von Schlern; sie ist z. B. eine wesentliche Voraussetzung fr die Differenzierung im Grundschulunterricht.


- Die Einzelbeobachtungen aus dem Einschulungsverfahren sind eine Hilfe fr die schnelle und gezielte Einleitung von Frderungsmanahmen der Lehrkrfte des 1. Schuljahres.

- Bei einer Zurckstellung vom Schulbesuch sind die Einzelbeobachtungen eine sehr gute Grundlage fr die Arbeit im Schulkindergarten. Sie sind daher in den unter Ziffer 6.4 des neuen Lehrplanes fr den Schulkindergarten vorgeschriebenen Entwicklungsbericht einzutragen.

Aus allen vorstehenden Grnden wird daher hiermit das "Kieler
Einschulungsverfahren" als Verfahren zur Feststellung der Schulreife nach 46 SchulG zugelassen und den Schulen zur Anwendung empfohlen. Bei der Anwendung des Verfahrens kann der Schulleiter entscheiden,

- ob alle oder einzelne Teile des Verfahrens eingesetzt werden,

- ob alle Kinder oder nur bestimmte Gruppen - (z. B. Kinder, die nicht im Kindergarten oder im Schulkindergarten waren) - nach diesem Verfahren beobachtet werden.

Fr die Durchfhrung der Einzeluntersuchung ist die Zustimmung der Eltern erforderlich.

Einfhrungsveranstaltungen durch das IPTS

Der Einsatz des Kieler Einschulungsverfahrens sollte jedoch erst erfolgen, nachdem zumindest der Schulleiter an einer Einfhrungsveranstaltung des IPTS teilgenommen hat. Deshalb werden die IPTS-Seminare fr Grund- und Hauptschulen regionale Fortbildungsveranstaltungen anbieten:

- Im Februar 1986 werden die Schulleiter in das gesamte Verfahren eingefhrt, um mit der Handhabung der einzelnen Teile vertraut zu werden und die pdagogischen und psychologischen Mglichkeiten des Verfahrens sinnvoll nutzen zu knnen.

- Im Mrz 1986 werden die durchfhrenden Lehrkrfte (mglichst
aus den zuknftigen ersten Klassen) bzw. Schulleiter insbesondere in das Unterrichtsspiel eingefhrt, wobei der Schwerpunkt auf Beobachtungsschulung liegt.
Referenten bei den Fortbildungsveranstaltungen werden Vertreter
des Kultusministeriums, die Autoren des "Kieler Einschulungsverfahrens", Schulleiter (die an der Erprobung des Verfahrens selbst mitgearbeitet haben) sowie regional zustndige Schulpsychologen sein. Die Einladungen zu den Veranstaltungen werden vom IPTS den Schulen direkt zugeschickt.

4. rztliche Untersuchungen

Nach 2 Abs. 2 Satz 3 der Grundschulordnung soll der Schulleiter in seine Entscheidungen ber die Schulreife auch das Ergebnis der schulrztlichen Untersuchung einbeziehen.
Es wird bei dieser Gelegenheit darauf hingewiesen, da die Ergebnisse der schulrztlichen Untersuchung - die vor Beginn des Besuchs der Grundschule erfolgt und die Schulreife aus rztlicher Sicht beurteilen soll - nach 3 Abs.? der Verordnung ber schulrztliche Aufgaben den Eltern und der Schule ausschlielich auf dem vorgeschriebenen Vordruck mitgeteilt werden kann. Dieser Vordruck ist im Nachrichtenblatt des Kultusministers 1985 S. 149
abgedruckt. Mndliche uerungen des Schularztes bei der Untersuchung sind unverbindliche Vorausmitteilungen. Der Schulleiter ist dafr verantwortlich, da die so mitgeteilten Ergebnisse der schulrztlichen Untersuchung auch den Klassenlehrer erreichen und bei Zurckstellungen zu dem Entwicklungsbericht des Schulkindergartens kommen.


Paragraf – Schulrecht für Schleswig-Holstein